Ich kann es nicht fassen, dass ich diese Zeilen gerade schreibe. Das ist Wahnsinn. Ein Jahr! Das müssen wir beide erst einmal sacken lassen. Ein Jahr, in dem wir sieben Länder sahen, auf zwei Kontinenten waren und eine neue Sprache lernten. Ursprünglich war von drei Monaten die Rede, dann sechs, dann dehnten wir aus auf acht, damit wir genügend Spielraum haben mit dem Ziel, zwischen sechs und acht Monaten zu reisen. Für mich war dies das Maximum, das ich mir vorzustellen vermochte. Ich dachte insgeheim, dass ich nach sechs Monaten schon Heimweh haben würde, und bei Oli war ich mir nicht ganz sicher, ob wir überhaupt jemals wieder nach Hause kommen würden.
Wie man an diesem Beitrag sieht, wurde ich eines Besseren belehrt. Ich habe in diesem Jahr so viel gelernt über die Welt und über mich selbst, wie in meinem ganzen bisherigen Leben nicht. Ein Wunder übrigens, dass ich den heutigen Tag nicht verpasst habe, denn wir haben schon längst jegliches Zeitgefühl verloren und wissen meistens weder was für einen Tag wir haben noch welches Datum. Meistens erinnern uns Geburtstage daran, in welchem Monat wir gerade sind. Anfangs dachte ich: “Oh je, jetzt geht es bergab mit mir”. Heute finde ich, dass das absolut genial ist, denn ich werde vermutlich nie mehr in meinem Leben einfach LEBEN und mir jeden Tag so gestalten können, wie ich es möchte.
Manchmal kommt es mir vor, als wäre es gestern gewesen, dass wir hastig unsere Rucksäcke vollstopften und einen Drittel kurz darauf wieder ausräumten. Sogar auf dem Weg zum Flughafen packte ich Sachen wieder aus und gab sie meiner Mama. Wir dachten, wir wären gut vorbereitet. Im Nachhinein betrachtet waren wir das nicht ganz so wie wir dachten – mental erst recht nicht. Aber wann ist man schon bereit für so etwas, wo man doch gar nicht weiss, was einem erwartet und wann man den Heimatboden wieder betritt?!
Costa Rica – unsere ersten Schritte als Reisende
Unser Startpunkt war Costa Rica, ein perfektes Anfängerland für Zentral- und Südamerika. Es fühlte sich an wie Ferien, die nie enden. Strand, frische Früchte, Sonne, Tiere und Natur – jeden Tag Pura Vida. Die Wochen vor dem Abschied beschäftigten mich aber trotzdem noch und ich war traurig, dass wir nicht von allen so viel Support bekommen hatten, wie wir es uns gewünscht hätten, angesichts der Pandemie. Nach 55 Tagen in einem Land, das praktisch ein grosser Nationalpark war, wurde es uns endlich etwas leichter ums Herz und wir konnten den Stress der letzten Wochen und Monate immer mehr ablegen. Wir entschleunigten und genossen es in vollen Zügen.
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Nicaragua – die erste Grenzüberquerung
Von Costa Rica ging es auf dem Landweg nach Nicaragua, wo erstmals einer von uns krank wurde. Das brachte mich ein wenig ins Schwitzen, weil Oli eine Woche lang nur im Bett war und ich ihn fast zwingen musste, etwas zu essen und zu trinken. Während er sich gesund schlief, lernte ich schnell neue Leute kennen und mir wird heute noch warm ums Herz, wenn ich an den Austausch mit diesen netten Leuten denke. Um Oli haben sich auch alle mitgekümmert und wir waren bestens aufgehoben. Anschliessend fanden wir zurück in unseren “Flow” und bestiegen unseren ersten Vulkan. Vom zweiten “schlittelten” wir sogar herunter. Ich entdeckte eine grosse Leidenschaft für Vulkane, ein unglaubliches Naturphänomen, das uns gleich mehrere Reisehighlights bescherte. Nach 24 ereignisreichen Tagen ging es weiter nach Mexiko.
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Mexiko – die pure Vielfalt
Oh mein Gott – Mexiko! Ich verrate euch hiermit offiziell, dass Mexiko schon lange auf meinem Wunschzettel gestanden hatte. Ausser mir schien jeder schon einmal dort gewesen zu sein und ich glaubte nicht daran, dass ich selbst in naher Zukunft dort landen würde. Von Tag 1 an waren wir von dem Land begeistert und wir erlebten eine Vielfalt, die wir nicht erwartet hatten. Türkisblaues Meer, Inseln, die zum Schnorcheln und Tauchen einluden, uralte Mayaruinen und die ersten und schönsten Cenoten, die ich in meinem Leben gesehen hatte. Ich war im Paradies.
Auf der Yucatan-Halbinsel, wo wir den Mexiko-Trip gestartet hatten, war es wegen den paradiesischen Zuständen aber recht touristisch. Die konnten nicht selten sogar Englisch! Während unserer Mexiko-Zeit war Duolingo (App zum Sprachen lernen) regelmässig beleidigt und rügte mich für meine verpassten Spanischlektionen. Aber mir egal, ich genoss es und lebte in den Tag hinein mit einer Leichtigkeit, die ich bis dahin noch nicht kannte.
Ein Bisschen Arbeit musste dann aber doch noch sein. Nicht Arbeit im klassischen Sinne, sondern mehr Arbeit für uns persönlich. In Playa del Carmen mieteten wir für zwei Wochen ein kleines Apartment und beschäftigten uns mit dem Bau unserer Website. Wer denkt, dass sie nach zwei Wochen Arbeit fertig war, der irrt sich leider. Ich wollte den Laptop mehr als einmal auf die Strasse werfen, wären da nicht diese komischen mexikanischen Fenster gewesen... Über die sprechen wir ein anderes Mal 😊
Dann bekamen wir das erste Mal Besuch aus der Schweiz. Meine Schwester, meine Mama und ihr Partner kamen für zwei Wochen. Ich freute mich wie ein kleines Kind und konnte es kaum erwarten. Die darauffolgenden zwei Wochen waren einfach nur wahnsinnig toll und das Wetter trotz Regenzeit perfekt. Sonne pur! Als wir sie wieder verabschieden mussten, fielen wir ein bisschen in ein Loch. Einerseits, weil sie gehen mussten und wir sie sofort wieder vermissten, anderseits weil wir wussten, dass sie nun nach Hause gehen, wo unsere Katzen sie sehnlichst erwarten und sich erstmals ein Anflug von Heimweh bemerkbar machte.
Am Tag darauf wollten wir eigentlich auf die Insel Holbox, wo es viel Sonne, Sand und Strand gab. Ausserdem keine Autos, sondern mehrheitlich Golf-Karts. Leider bekamen mir die Tacos vom Vorabend nicht so gut und diesmal erwischte es mich. Natürlich passierte es kurz vor der Abreise, als wir die Tickets für die Reise bereits gebucht hatten.
Ein paar Wochen und eine Halbinsel später kamen wir im Bundesstaat Chiapas an. Das “echte” oder einfach ein anderes Mexiko, wenn man so will. Wir trafen auf die indigene Bevölkerung und lernten Dinge über Rituale und die Kultur. Chiapas ist übrigens der ärmste und einer der günstigsten Bundesstaaten in Mexiko. Interessanterweise aber viel weniger gefährlich als andere Bundesstaaten. Arm heisst also nicht immer gleich gefährlich. Der Ort, an welchem wir landeten, hiess San Cristobal de las Casas. So gut wie jeder Reisende, der schon einmal dort war, fühlte sich von San Cristobal in den Bann gezogen – und auch uns ging es so. Der Ort ist ein absoluter Lieblingsort und perfekt, um aus drei Tagen drei Wochen zu machen. Die hohe Lage sorgte ausserdem dafür, dass ich nach vielen Wochen brütender Hitze mal wieder in den Genuss einer Jacke und langer Hosen kam, was ich toll fand! Wir wohnten drei Wochen in einem Hostel, wo wir wie eine grosse Familie waren. Man übte Spanisch mit uns, es gab jeden Morgen leckeren Kaffee, wir assen zusammen, feierten gemeinsam und wir strukturierten unseren Tag wieder etwas mehr. Über diesen Ort gibt es so viel zu erzählen, das packe ich euch in einen anderen Beitrag.
Nach 3.5 Monaten kündigte sich dann eine erste kleine Krise bei mir an. Es gab einige schwierige Herausforderungen zu meistern, Entscheidungen zu treffen und viel Papierkram zu erledigen. Rückblickend war es nicht eine “Reisekrise”, sondern ich brauchte einfach einen Moment an einem Ort, um mich neu zu ordnen, damit ich klare Entscheidungen treffen konnte. Manchmal sind es äussere Einflüsse und manchmal, da steht man sich einfach selbst im Weg. In diesem Fall war es beides.
Eines dieser Probleme, die wir lösen mussten, war die Einreise in die USA. Präsident Biden hatte nämlich verkündet, die USA würden ihre Grenzen demnächst wieder schliessen, und zwar auch für Mexiko. Wir gingen also ein Risiko ein, als wir unsere Flüge auf vier Wochen später buchten. Dann war unser Plan, Mexiko in Ruhe fertig zu bereisen in der Hoffnung, dass wir es noch rechtzeitig vor dem Einreisestopp in die USA schafften.
Dieser weitere Monat in Mexiko lohnte sich zum Glück so was von! Die Kurzfassung davon: Wir chillten am Strand, übernahmen eine Patenschaft für zwei Babyschildkröten und erlebten eine Woche lang Mexico City hautnah. Die Vorfreude auf die USA war nun enorm und wir fieberten dem Abflug schon richtig entgegen. Stolze 91 Tage durften wir in Mexiko verbringen und würden wir aufschreiben wollen, was wir dort alles erlebt haben, würde es ein dickes Buch geben.
USA – ein Traum von einem Roadtrip
Frisco Baby! Angekommen in San Francisco, traf uns der Kulturschock. Die Leute bestellten Essen mit iPads und das Toilettenpapier durfte man sogar ins Klo werfen, anstatt in den Eimer daneben. Und was war das für eine komische Sprache?! Wo waren die Nachos, der Koriander, die Tacos, die Burritos, die Bohnen und Fajitas? Nach 5.5. Monaten “Hola” und “Gracias” grüsste ich die erste Woche nur so. Kein Witz, ich vergass es ständig und ich hatte es so verinnerlicht, dass ich auch zwei Wochen später das Klopapier gelegentlich noch in den Abfalleimer warf. Es war plötzlich alles wieder so modern. Oli war es glaube ich schon peinlich, als ich in San Francisco im Hotel das Personal zwar ausgesprochen freundlich aber in der falschen Sprache grüsste. Die Zimmermädchen schauten mich jedes Mal verwirrt an. Aber wisst ihr, worauf ich mich fast am meisten gefreut hatte? Mozzarella, Tortellini, Gnocchi und all das Essen, das es in den anderen Ländern nicht oder nur selten gab. Lediglich die Geschichte mit dem Brot wurde nicht besser. Wer schon in Amerika war, der lacht jetzt und weiss genau, dass auch die Amerikaner von richtigem Brot keinen Schimmer haben – sorry.
Das erste USA-Highlight war das Treffen mit einer Freundin aus der Schweiz und der Besuch eines Festivals. Nachdem wir wegen Corona schon seit über einem Jahr an keinem grossen Fest mehr gewesen waren, und schon gar nicht an einem Konzert mit so vielen Leuten, war das einfach nur Lebensfreude pur. Diese vielen tausend Menschen, die sich einfach nur über Musik freuten und miteinander einen unvergesslichen Abend haben wollten – das war SO SCHÖN.
Wir bekamen in San Francisco in der Kinderecke einer Apotheke unsere erste Covid Impfdosis und erkundeten darauf die Stadt. San Francisco ist eine absolut geniale Stadt und einer unserer All-Time-Favorites. Ein paar Tage später nahmen wir unseren Campervan entgegen, kauften im Supermarkt all das Zeug ein, das wir die letzten Monate vergeblich gesucht hatten und fuhren los in Richtung San Diego. An dieser Stelle bin ich froh, dass mir keiner zuschaut beim Schreiben, denn wenn ich daran denke, weine ich. Habe ich übrigens auch, als ich mitten in den Schlund eines aktiven Vulkanes schaute. Momente, die mein Herz für immer berühren werden und die ich hoffentlich niemals vergessen werde. Alles war perfekt und ich war sowas von bereit für diesen Roadtrip. Campervans wurden für Leute wie uns geschaffen – wir lieben es.
Was ich in den darauffolgenden Tagen spürte, war die reinste Freiheit und pure Entspanntheit. Wir standen während der ganzen sechs Wochen fast jeden Tag für den Sonnenaufgang auf und schauten zum Abschluss des Tages den Sonnenuntergang. Ich kam kaum aus dem Grinsen raus und jede Minute des Tages war spannend – sogar das Zähneputzen vor der Golden Gate Bridge. Wir reisten durch Arizona, Utah, Nevada und Kalifornien und es fühlte sich richtig surreal an. Oft waren wir alleine auf einem einsamen Highway und Handyempfang gab es eher selten. Der Papst wäre einfacher zu erreichen gewesen als wir. Hierher werden wir definitiv eines Tages zurückkehren!
Die zweite Impfung vertrugen wir leider nicht so gut, was mir zum Schluss einen Dämpfer verpasst hat, weil es nicht nach zwei Tagen vorbei war, so wie alle sagten. Da die letzten Tage die heftigsten Regenschauer seit 50 Jahren über San Francisco hereinbrachen, verpasste ich aber so oder so nichts. Die Flüge für unser nächstes Reiseziel hatten wir bereits aus Mexiko gebucht. Es ging nach Guatemala, wo eine Menge Arbeit auf uns wartete.
Guatemala – für immer ein Platz in unseren Herzen
Du hast richtig gehört. Erst so ein komisches Land wie Nicaragua und jetzt Guatemala? Hätte ich auch nie gedacht und ich kann meine Dankbarkeit nicht genug aussprechen, dass uns unser Weg dorthin geführt hat. Kultur, wie es sie in Guatemala gibt, hatten wir noch nie irgendwo vergleichbar erlebt. Wir lebten bei einer Familie für sechs Wochen am Lago Atitlán, mit einer wunderschönen Aussicht auf den See und erlebten hautnah das Leben der Einwohner dort. Wir lernten fleissig Spanisch, besuchten sechs Wochen lang eine Schule und fühlten uns dort wie zu Hause. Unsere zweite Familie irgendwie. Auch heute haben wir noch viel Kontakt zu den Menschen, die wir dort kennen lernten. Es ist schon ein anderes Gefühl, wenn man gegrüsst wird von den Leuten, weil sie einem kennen und man immer anhält für ein Schwätzchen. Man kennt sich beim Namen und kennt die besten Spots des Ortes.
Das guatemaltekische Essen war übrigens ganz lecker, handelte mir aber die eine oder andere Nacht des Grauens ein. Ich kenne nicht viele Leute, die in Guatemala waren. Aber die, die es waren, hatten alle mehrmals das nächtliche Vergnügen auf der Toilette (#Lebensmittelvergiftung).
Wir konnten vorher kaum Spanisch und plötzlich bestand unser Alltag aus 24/7 Spanisch, und zwar nicht nur die üblichen Floskeln, sondern auch tiefgründigere Gespräche. Wir hatten eine wirklich tolle Zeit in Guatemala und bereisten es fast die ganze Zeit über mit Menschen, die wir dort kennengelernt hatten. Da wir die gleiche Route hatten, trafen wir uns immer wieder. Mit einem Paar freundeten wir uns so gut an, dass wir uns sogar später in anderen Ländern wieder verabredeten und trafen. Wir verstanden uns prächtig und hatten eine tolle Zeit!
Weihnachten im Ausland war übrigens gar nicht so spektakulär, wie ich es mir vorgestellt hatte. Meine Vorstellung von einem Foto mit Weihnachts-Sandmann und rot-weissen Mützen am Strand fiel ins Wasser. Ich war krank und musste in eine Klinik mit Verdacht auf Malaria oder Dengue. Natürlich am Ende unserer Guatemala-Reise, wo man eigentlich keine Zeit für sowas hat. Die Klinik war eine der Sorte, in der ich mich nur hätte behandeln lassen wollen, wäre ich schon fast tot gewesen. Gott sei Dank entkam ich dem Arzt und konnte schnell zu einem weniger schäbigen Labor flüchten. Es wurde alles getestet – zum Glück negativ – und man verlangte umgerechnet etwa 35 Franken.
Kurz hatten wir Schiss, dass ich den Vulkan Acatenango (weswegen wir ursprünglich herkamen) nicht besteigen kann, weil ich nicht fit war. Der Wille war dann aber gross und da wir es ein paar Tage hinauszögern konnten, schafften wir es dann noch. DAS war das absolute Highlight. Wir wanderten auf knapp 4000m einen steilen Vulkan hinauf, mit unseren Rucksäcken, und ich sage euch, ich kam schon an meine Grenzen. Das war meine persönlich anspruchsvollste Wanderung. Sowohl der Auf- als auch der Abstieg. Letzteres noch viel mehr, weil es einfach so abartig steil war. Zudem wird oben die Luft dünner, man kriegt manchmal Kopfschmerzen und man fühlt sich wie eine vertrocknete Rosine. Was uns oben erwartete, kann ich nicht in Worte fassen. Ich werde es versuchen, in einem Beitrag über Guatemala mit vielen Bildern. Ihr werdet Gänsehaut bekommen, versprochen. Zwei Stichworte: Lava & Eruptionen!
Nach 2.5 Monaten in Guatemala und insgesamt 9 Monaten in Nord- und Zentralamerika, wechselten wir den Kontinent (Zentralamerika gehört nicht zu Südamerika). Wir liebten all diese Länder und keines ist vergleichbar mit dem anderen. Nun wollten wir aber kühleres Klima, Gletscher sehen und Wanderungen durch das spektakuläre Patagonien unternehmen. Nachdem wir Silvester ganz speziell im Flugzeug verbracht hatten und eine Party in der Luft feierten, inklusive einem spendierten Wein zu anstossen (danke an die Airline), landeten wir am 1. Januar 2022 in Argentinien.
Argentinien – Startschwierigkeiten, grosse Wanderungen und atemberaubende Natur
Abgesehen von dem Wein glich die Einreise nach Argentinien einer Katastrophe. Von “Flug findet nicht statt” zu “wir haben kein Platz für Ihr Gepäck im Frachtraum” bis “wir können sie nicht mitnehmen” war alles dabei. Es war wirklich nicht lustig und wir waren das erste Mal richtig froh, nun im Club der Spanischsprechenden zu sein. Wir verstanden erstens was los war und konnten auch dementsprechend reagieren. Zwischen all der Müdigkeit und dem Ärger waren wir trotzdem stolz, die Dame in Lima am Check-in Schalter auf Spanisch zusammengefaltet zu haben (keine Sorge, sie hatte es verdient). Es wirkte und wir kamen tatsächlich in Buenos Aires an. Einige Amerikaner, die an Silvester zu Hause sein wollten, hatten leider weniger Glück und strandeten am Flughafen in Guatemala City, weil der Flieger so viel Verspätung hatte.
Angekommen in Buenos Aires hatten wir noch gar keine Zeit uns zu überlegen, wo wir nachher hinmöchten. Schnell merken wir, dass die Strassen wie leergefegt waren, Geschäfte geschlossen hatten, fast keine Busse fuhren, Flüge ausfielen und es schwierig war, eine Unterkunft zu finden, weil alle Corona hatten. Der einzige Ort, an dem es viele Leute gab, war vor den Testzentren. Wow, da passierte es also doch noch und unsere Welle, auf der wir seit 9 Monaten surften, machte den Schleudergang mit uns. Wir strandeten – irgendwie. Wenn wir auf der Strasse an anderen vorbeiliefen, schnappten wir manchmal Gespräche auf, bei denen einer dem anderen mitteilte, er hätte gerade sein positives Ergebnis bekommen. Wir landeten ausserdem unwissentlich in einem Isolations-Hotel. Davon war in der Beschreibung nichts erwähnt worden!
Wir waren also in keiner angenehmen Situation und erwarteten auch noch erneut Besuch von Oli’s Mama, auf den wir uns so sehr gefreut hatten. Nun wussten wir nicht, ob wir in Argentinien bleiben konnten und die Chance, dass seine Mama tatsächlich kommen kann, war auch ziemlich klein. Der Flug war natürlich schon gebucht, und zum Zeitpunkt der Buchung hatte auch alles noch perfekt ausgesehen. Argentinien schaffte aber, was kein anderes Land geschafft hatte, nämlich innerhalb von zwei Wochen von 3’000 auf über 100’000 Fälle pro Tag zu kommen.
Ich muss sagen, in diesem ganzen Jahr waren diese Tage die schwierigsten, weil sich jede Entscheidung falsch anfühlte. Ich war alles andere als entspannt, hatte keine Lust mehr den ganzen Tag am Laptop zu recherchieren und irgendwie wollte ich in diesem Moment nach Hause – einfach zum Durchatmen, nicht weil ich wirklich heim wollte. Aber, so ist es nun mal und es ist nicht immer nur easy. Ich bin übrigens froh, sind wir NICHT nach Hause zum Überbrücken, denn Oli’s Mama konnte einreisen und Argentinien war der Hammer. Wir ritten auf Pferden durch die patagonische Steppe, wanderten und bestaunten Seen und Berge. Das Land hat uns mit seiner atemberaubenden Natur überzeugt und die absoluten Highlights waren für uns die Gletscher und die Iguazú-Wasserfälle. Wir würden definitiv sofort wieder nach Argentinien gehen! Stolze 63 Tage haben wir dort verbracht.
Brasilien – Dschungel, Strand und nette Menschen
Warte mal... Brasilien?! Vor einem Jahr waren wir uns zu 100% sicher, dass wir es während dieser Reise nicht nach Brasilien schaffen würden. Vor einem Jahr traf die Pandemie Brasilien hart und es wäre uns niemals in den Sinn gekommen, dahin zu reisen. Da es irgendwie auch nicht auf unserer Route lag, hakten wir Brasilien ab und ich gab die Real-Geldscheine, die wir dabei hatten für alle Fälle, mit nach Hause. Sie liegen jetzt zu Hause und wir sind hier in Brasilien. Finanziell hat uns Brasilien ganz schön was abverlangt, aber ich sage euch, wir sind hell begeistert! Es gab keinen Ort, der uns nicht gefiel und Rio de Janerio, wo wir gerade sind, während wir diesen Beitrag schreiben, hat mich eiskalt erwischt – im guten Sinn! Von den 33 Tagen in Brasilien ist morgen unser letzter und wir verlassen diesen Teil der Welt. Für uns geht es nach Südostasien, genauer gesagt nach Malaysia. Wir freuen uns sehr sehr fest und sind gespannt.
Das Fazit nach einem Jahr ist, dass ich, oder besser gesagt wir, absolut überhaupt nichts ändern würden! Weder am Zeitpunkt noch an den Ländern. Wir haben so viele schöne Bilder und Momente im Kopf und im Herzen, dass wir Jahre brauchen werden, alles zu erzählen. Viele solcher Momente prägen einem nachhaltig und wir haben so viele liebe Menschen kennengelernt, die wir nicht mehr missen möchten. Natürlich ist es auch anstrengend und man hat schwierigere Phasen oder Herausforderungen. Ich vermisse meine Familie und meine Freunde sehr und manchmal auch ganz banale Dinge. Wir finden oft keine Worte für das, was wir erleben und können aus tiefstem Herzen sagen, dass wir unseren Traum leben, und das wünschen wir uns für alle anderen auch. Nicht dass sie reisen, aber dass sie ihren Traum leben, egal was es ist und dass sie dabei genau diese Gefühle spüren können. Wir sind gespannt, was dieses Abenteuer noch für uns bereithält!
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